Artenvielfalt und Landschaftsqualität

Siedlung
Artenvielfalt und Landschaftsqualität - Teilindikator Siedlung, © Adobe Stock_hespasoft © Adobe Stock_hespasoft
Der Indikator Artenvielfalt und Landschaftsqualität beschreibt den Zustand von Natur und Landschaft anhand der Bestandsentwicklungen charakteristischer Brutvogelarten. Die Größe der Bestände spiegelt die Eignung der Landschaft als Lebensraum für die ausgewählten Vogelarten wider. Da neben Vögeln auch andere Arten an eine reichhaltig gegliederte Landschaft mit intakten, nachhaltig genutzten Lebensräumen gebunden sind, bildet der Indikator indirekt auch die Entwicklung zahlreicher weiterer Arten in der Landschaft und die Nachhaltigkeit der Landnutzung ab. Der Indikator ist Teil des Indikatoren-Sets der nordrhein-westfälischen Umweltberichterstattung, der Biodiversitätsstrategie NRW, der Nachhaltigkeitsstrategie NRW und der Länderinitiative Kernindikatoren (LIKI).

Einheit: Zielerreichungsgrad [%]

Stand und Trend

Die aktuelle „Artenvielfalt und Landschaftsqualität“ des Siedlungsraumes liegt noch weit vom Zielbereich entfernt. Über den gesamten dargestellten Zeitraum wie auch in den vergangenen zehn Jahren zeigt der Indikator einen fallenden Trend.

Bedeutung

Unterschiedliche Flächennutzungen ließen in Nordrhein-Westfalen über Jahrhunderte eine abwechslungsreiche Kulturlandschaft entstehen. Vielfältige Lebensräume fördern einen hohen Artenreichtum, der Grundlage für einen leistungsfähigen und stabilen Naturhaushalt ist. Produktive Ökosysteme sind auch für den Menschen eine wichtige Lebensgrundlage. Dem Wissen über den Zustand und die langfristige Entwicklung von Natur und Landschaft und die sie besiedelnden Arten kommt daher besondere Bedeutung zu.

Land- und Forstwirtschaft, Industrie, Siedlungsbau und viele anderen Nutzungen führen zu einem kontinuierlichen Wandel der Kulturlandschaft. Der Indikator wurde entwickelt, um die Auswirkungen des Wandels dieser vielfältigen Nutzungen auf die Artenvielfalt und die Qualität von Lebensräumen abzubilden. Auch soll er helfen, den Erfolg von Maßnahmen zu mehr Artenvielfalt und Landschaftsqualität zu überprüfen. Grundlage sind die Bestandsentwicklungen ausgewählter Brutvogelarten, die charakteristisch für die vier Lebensraumtypen Agrarland, Wälder, Siedlungen und Gewässer sind und sensibel auf Nutzungsveränderung reagieren. Steigt die Lebensraumqualität durch sinkende Belastungen, eine nachhaltigere Landnutzung oder Maßnahmen des Naturschutzes, nehmen die Bestände der Arten zu. Die Brutvogelarten stehen dabei repräsentativ für die gesamte Artengemeinschaft: Eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen kommt auch anderen Tier-, Pflanzen- und Pilzarten zugute.

Ziele

Landesziel: Erreichung des Zielwerts von 100 % für alle Lebensraumtypen bis zum Jahr 2030 (Nachhaltigkeitsstrategie Nordrhein-Westfalen, Biodiversitätsstrategie Nordrhein-Westfalen).

Trendanalyse & Aussagen

Die aktuelle „Artenvielfalt und Landschaftsqualität“ des Siedlungsraumes liegt mit einem Wert von 74% für das Jahr 2022 noch weit vom Zielbereich entfernt. Über den gesamten dargestellten Zeitraum wie auch in den vergangenen zehn Jahren zeigt der Indikator einen fallenden Trend. Von der Abnahme sind besonders Höfe in der offenen Landschaft und Dörfer im ländlichen Raum betroffen. In diesem Bereich wirkt vor allem die zu intensive Landnutzung in der Agrarlandschaft negativ in den Siedlungsraum hinein.

Definition, Datenquellen & Berechnung

Der Indikator basiert auf Daten zur Bestandsentwicklung von 43 Brutvogelarten, die repräsentativ sind für den Zustand der 4 Hauptlebensraumtypen Agrarland, Wälder, Siedlungen und Gewässer. Der 2015 entwickelte Indikator wurde 2022 bis 2024 an die überarbeitete Methodik des bundesweiten Indikators angepasst. Dabei wurden zusammen mit Expertinnen und Experten das Artenset überarbeitet und neue Zielwerte für das Jahr 2030 ermittelt.

Folgende Vogelarten wurden als Indikatorarten ausgewählt:

• Teilindikator Agrarland: Bluthänfling, Feldlerche, Gelbspötter, Goldammer, Großer Brachvogel, Kiebitz, Mäusebussard, Neuntöter, Rebhuhn, Star, Uferschnepfe

• Teilindikator Wälder: Baumpieper, Fitis, Grauspecht, Kleiber, Kleinspecht, Schwarzspecht, Schwarzstorch, Sumpfmeise, Waldlaubsänger, Weidenmeise

• Teilindikator Siedlungen: Dohle, Feldsperling, Girlitz, Haussperling, Hausrotschwanz, Mauersegler, Mehlschwalbe, Rauchschwalbe, Steinkauz, Türkentaube

• Teilindikator Gewässer: Gebirgsstelze, Haubentaucher, Krickente, Löffelente, Rohrammer, Stockente, Teichhuhn, Teichrohrsänger, Trauerseeschwalbe, Wasseramsel, Wasserralle, Zwergtaucher

Die Festlegung der Zielwerte erfolgte anhand von Landschaftsszenarien, die für jeden Lebensraum- und Nutzungstyp die zukünftige Entwicklung beschreiben, wenn die aktuellen Strategien zum Schutz der biologischen Vielfalt und zur nachhaltigen Entwicklung umgesetzt werden. Ein Expertengremium hat vor dem Hintergrund der Landschaftsszenarien für jede einzelne Vogelart für das Jahr 2030 einen Bestandswert als Zielwert festgelegt. Dieser kann nach übereinstimmender Einschätzung des Gremiums erreicht werden, wenn europäische und nationale rechtliche Regelungen mit Bezug zum Naturschutz, die Strategien der EU, Deutschlands und der Länder zur biologischen Vielfalt und die Leitlinien einer nachhaltigen Entwicklung zügig umgesetzt werden. Die Zielwerte der Indikatorarten wurden als Vielfaches der aktuellen Bestandsgrößen bestimmt. Die resultierenden Indexwerte wurden nachfolgend einheitlich auf 100 Prozent normiert, so dass sich für die Teilindikatoren und den Gesamtindikator jeweils Zielwerte von 100 Prozent ergeben. Der Indikator wird aus den 4 Teilindikatoren anhand aktueller Daten zum Flächenanteil an der Landesfläche berechnet. Die Datenreihen wurden nach der Überarbeitung des Indikators rückwirkend neu berechnet. Durch die Überarbeitung des Indikators ist kein unmittelbarer Vergleich mit früheren Datenständen möglich.

Auf der Basis von Daten aus den Vogel- und Biodiversitätsmonitoringprogrammen Nordrhein-Westfalens wird für jede Art jährlich ein Bestandsindex errechnet. Dieser wird in Relation zur Größe des artspezifischen Zielwertes gesetzt. Dadurch ergibt sich ein jährlicher Zielerreichungsgrad in Prozent. Für jeden Teilindikator wird der arithmetische Mittelwert der Zielerreichungsgrade über alle ausgewählten Vogelarten gebildet. Diese Mittelwerte erlauben Aussagen zum Zustand der Hauptlebensraum- bzw. Landschaftstypen in Bezug zum Zielwert für das Jahr 2030. Der Gesamtindikator errechnet sich aus einer gewichteten Summierung der Teilindikatoren Agrarland, Wälder, Siedlungen und Gewässer. Die Gewichtung bezieht sich dabei auf den Flächenanteil des jeweiligen Lebensraumtyps an der Fläche Nordrhein-Westfalens.

Die Bewertung des Trends erfolgt anhand statistischer Verfahren, mit denen festgestellt wird, ob es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um tatsächliche Änderungen statt um Schwankungen in der Stichprobe des Monitorings handelt. Auch wenn eine Zeitreihe ansteigt oder abfällt, kann aus statistischer Sicht „kein Trend“ vorliegen, wenn die Zu- oder Abnahmen im Vergleich zum Schwankungsbereich des Trends zu gering ausfallen.

Für den Indikator werden mittels Anwendung statistischer Verfahren zwei Trendaussagen getroffen, die sich hinsichtlich des betrachteten Zeitraumes unterscheiden:

1. Trend über den gesamten Zeitraum seit Beginn der Messungen (1999-2022)

2. Zehn-Jahres-Trend (2013-2022)

Die Trendbewertung und Signifikanzprüfung erfolgt nach der Methode des Umweltbundesamtes für die Indikatoren des Monitoringberichtes zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel (Meyer 2018, Umweltbundesamt 2019a und b). Es handelt sich um eine standardisierte Methodik der Indikatorbewertung.

Identifiziert werden bei der Betrachtung der gesamten Zeitreihe (1999 bis 2022) sowohl steigende und fallende Trends als auch quadratische Trends (zum Teil mit einer Trendumkehr). Folgende Trendaussagen sind dabei möglich:

• Steigender Trend

• Fallender Trend

• Steigender quadratischer Trend

• Fallender quadratischer Trend

• Trend mit Trendumkehr (zuerst fallend, dann steigend)

• Trend mit Trendumkehr (zuerst steigend, dann fallend)

• Kein Trend

Die Ermittlung quadratischer Trends ist aus mathematischen Gründen für einen Zeitraum von zehn Jahren nicht sinnvoll. Daher werden für den Zehn-Jahres-Trend ausschließlich lineare Trends berechnet. Folgende Trendaussagen sind möglich:

• Steigender Trend

• Fallender Trend

• Kein Trend

Die Aussage „kein Trend“ bedeutet, dass aus statistischer Sicht nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einer tatsächlichen Veränderung ausgegangen werden kann. Die Werte des Indikators ändern sich in diesem Fall im Vergleich zum Schwankungsbereich des Trends zu geringfügig.

Literaturangaben:

Meyer, M. (2018): Quantitative Bewertung von Umweltindikatoren. Handbuch zur fachgerechten Bedienung der Anwendung. Hg. v. Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH. Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH. Osnabrück (GWS Discussion Paper Series).

Umweltbundesamt (2019a): Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel. Bericht der Interministeriellen Arbeitsgruppe Anpassungsstrategie der Bundesregierung. Umweltbundesamt. Dessau-Roßlau.

Umweltbundesamt (2019b): Quantitative Bewertung von Umweltindikatoren. UBA Texte 37/2019. Umweltbundesamt. Dessau-Roßlau.

Daten und Download

  • Zeitreihe des Indikator: Artenvielfalt und Landschaftsqualität - Teilindikator Siedlung (Excel-Datei, Open XML-Format)
  • Zeitreihen aller Indikatoren der Gruppe (Excel-Datei, Open XML-Format)

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